1967 in einer Kleinstadt geboren. Als sie drei Jahre alt war, übersiedelte die Familie nach Tunis, wo sie Kindergarten und Volksschule besuchte. Ihre Lehrerin dort bezeichnete sie als „petite diable“. Nach drei Jahren kehrte die Familie in die Kleinstadt zurück, wo sie die Volksschule und das Gymnasium besuchte. Zeit ihres Lebens erinnerte sie sich an die düstere, kalte Nässe nach der Rückkehr aus dem sonnigen Süden. Nach der folgreichen Matura, wo sie eine Sondererlaubnis erhalten hatte, sowohl in Musik als auch in Bildnerischer Erziehung maturieren zu dürfen, erhielt sie ein Stipendium für die Sommerakademie Salzburg. Damit war die Entscheidung für das zeichnerische Fach gefallen. Auf dem salzburgischen Land besuchte sie die Schule für Einrichtungsberater, was ihr zeitlebens eine tiefe Abneigung gegen Möbelhäuser und die österreichische Provinz bescherte. Nach Abschluß des Kollegs ging sie nach Wien, wo sie die Aufnahmsprüfung an der Akademie der Bildenden Künste nicht schaffte. Als Überbrückung studierte sie Kunstgeschichte, Germanistik und Publizistik und lebte glücklich und begeistert über das Leben in einer großen Stadt in einer Studenten-WG. Als sie die Aufnahmsprüfung zum zweiten Mal nicht schaffte, begann sie ein Lehramtsstudium für Deutsch und Bildnerische Erziehung, was sie zusammen mit dem dritten „fast aufgenommen“, aber doch negativen Aufnahmebescheid an der Akademie in eine tiefe Krise stürzte. Mit einem Studienkollegen wollte sie in den Jemen per Anhalter fahren, in Port Said wollte sie jedoch kein Kapitän mitnehmen. Also beschlossen sie, in Ägypten zu bleiben. Nach etlichen Tagen war sie vom Reisegefährten so genervt, dass sie nach einer anderen Begleitung Ausschau hielt und diese in Form eines Kronenzeitung lesenden jungen Mannes im Hotelkaffee auch bald fand. Mit diesem reiste sie kreuz und quer durch Ägypten, bis sie zu Studienbeginn heimwärts fuhr. Ihr junger Begleiter kam in den zwei Tagen nach ihrer Abreise aus ungeklärten Umständen ums Leben. Nach Wien kamen lediglich sein Rucksack und seine Urne zurück. Sie erhielt von seiner Mutter seine Tagebücher, was sie in eine tiefe Traurigkeit stürzte. Da sie die Möglichkeiten eines Aktmodells nutzen wollte, ging sie einen halben Tag zum Aktzeichnen während der Aufnahmsprüfung an der Akademie. Zu ihrer Überraschung wurde sie aufgenommen. Aufgrund dieser Erfahrungen während des Selektionsprozesses „Aufnahmsprüfung“ blieb sie dem akademischen Ausbildungsmodell immer reserviert gegenüber. Sie beendete die Hauptschullehrerausbildung und begann, Immigrantenkinder zu unterrichten. Parallel dazu studierte sie Bildnerische Erziehung an der Akademie und Germanistik an der Universität. Sie nutzte alle Möglichkeiten, im Ausland zu studieren: ein halbes Jahr in Kairo, das ihr soviel Kraft kostete, dass sie später beschloß, noch ein Jahr hinzugehen, ein halbes Jahr Malereistudium in Maastricht, Besuch von Sommerakademien in Salzburg, von denen sie mehr profitierte als von ihrem fünfjährigen Kunststudium. Nach dem Studium absolvierte sie das einjährige Unterrichtspraktikum an einem Gymnasium in Wien. Von der Schulrealität angeödet, ging sie noch ein Jahr nach Kairo, um die Geschichte des Kunstunterrichts in Ägypten zu untersuchen. An den Erfahrungen und Einflüssen in und von Ägypten arbeitete sie sich noch jahrelang ab, sowohl künstlerisch als auch intellektuell. Nach ihrer Rückkehr unterrichtete sie an ihrer alten Schule drei Tage in der Woche Bildnerische Erziehung, wo sie mit der Welt ihrer Herkunft Frieden schloß. Vier Tage pro Woche lebte sie in Wien in der Wohngemeinschaft und studierte noch Malerei und Grafik an der Hochschule für angewandte Kunst. Sie erhielt Arbeitsstipendien für Rom, Italien, Krumau, Tschechien und Malo, Italien, ebenso zahlreiche Preise und Auszeichnungen. Ihre Ausstellungstätigkeit erfolgte kontinuierlich, bekannt wurde sie vor allem durch ihre Textilarbeiten. Nach dem Diplom wurde sie von einer Modeschule in Wien für den textilen Siebdruck und für künstlerische Fächer angeworben. Spät absolvierte sie berufsbegleitend noch ein Masterstudium Textil/Kunst und Design. Sie unterrichtete später als Gastprofessorin an eben diesem Institut. Anläßlich des 100-jährigen Bestehens des Internationalen Frauentages lud sie Künstlerinnen auf den rosa Teppich, um vor Museen und auf öffentlichen Kulturplätzen ihre Arbeiten und damit ihren Anspruch auf Präsenz zu demonstrieren. Die Teppichaktionen breiteten sich in den kommenden Jahren in viele Länder aus. Sie schaffte es, ein internationales Netzwerk von kreativen und künstlerischen Frauen aufzubauen. Zahlreiche Ausstellungen, Performances, Workshops und eine Jobbörse fanden im Rahmen dieses Netzwerkes statt. Viele Künstlerinnen fanden Unterstützung, Hilfe und Inspiration in den Krisen. Der Teppich wurde zum Symbol der weltweiten Bewegung, die nach ihr benannt wurde.
© Ingrid Gaier